((((A.I.2020))))

„Acoustic intelligence“ ist ein Begriff der militärischen Überwachung und beschreibt den Informationsgewinn durch das Speichern und Prozessieren akustischer Phänomene. Bei der Jahrestagung der GfM-AG Auditive Kultur und Sound Studies 2020 wurde dieser Begriff in einem weiteren Sinne verstanden: Acoustic Intelligence: Hören + Gehorchen. Aus dieser Perspektive wird das Ohrenmerk auf die Herausbildung akustischer Überwachungs- und Reglementierungsprozesse gelegt und rücken zugleich  maschinelle agencies in den Fokus, beispielsweise in Form selbstlernender Algorithmen und Künstlicher Intelligenzen.

Beispiele für ein solches Musikdenken finden haben zwei Kollegen  und ich für den Blog der AG »Auditive Kultur und Sound Studies« unter dem Stichwort Sound Matters zusammengestellt:

  • Maximilian Haberer thematisiert DIE STILLE DES ABHÖRENS, denn: Abhören als Mittel der Spionage kann in der Regel nur unbemerkt gelingen und ist idealtypisch zunächst eine stumme Tätigkeit. Doch wie in Spionagefilmen wie „Das Leben der Anderen“ oder „The Conversation“ dargestellt, ist zumindest die Stille des Abhörens auf Tonband nur vermeintlich. Denn spätestens beim Anhören der Bandaufnahme wird die Tätigkeit des Abhörens selbst lautbar: Vom sanften Rauschen des Tapes über das plötzliche Hoch- und Runterschnellen der Stopp-Taste, bis hin zu den geisterhaften Geräuschen des Vor- und Zurückspulen des Bandes.
  • Tomy Brautschek interessiert sich für  DIE ÄSTHETIK DER DURCHSAGE, denn: Regieanweisungen in der Tonproduktion erfolgen im Studio in der Regel via Talkbackfunktion aus dem Kontroll-  in den Aufnahmeraum. Was zunächst als kommunikative Überbrückung der akustisch-räumlichen Trennung im Studioapparat installiert wurde, kann unweigerlich auch als Machtinstrument dienen. Der Klang der durch das Talkback übertragenen Stimme erinnert hierbei an die Soundästhetik der Durchsage, bei der Informationen vornehmlich als Anweisungen oder Kommandos über elektroakustische Sprachverstärker übermittelt werden und somit in einem Spannungsfeld zwischen Hören und Gehorchen bewegen.
  • Ich selbst verweise in meinem kleinen Beitrag ELEKTROAKUSTIK, EIN MISSBRAUCH VON HEERESGERÄT auf den bellizistischen Ursprung der elektronischen Musik: Dass sich nachrichtendienstliche Kommunikationssatelliten und Elektroakustik derselben Mittel bedienen, zeigt etwa die fast baugleiche Architektur von Karheinz Stockhausens 1970 bei der Expo in Osaka präsentiertem Kugelauditorium und den Abhöranlagen der NSA aus dem Kalten Krieg: Hören + Gehorchen ist also nur eine weitere Spielart Von ›Arts‹ zu ›Arms‹.
NSA Abhöranlagen in Bad Aibling
Kugelauditorium Osaka 1970

(A)SOZIAL: Neue Musik – Neue Medien

Avancierte Musik und die sozialen Medien haben sich für dasselbe Attribut entschieden: Neue Medien – Neue Musik. Nimmt man die Initialen dieser beiden sich also frisch und originell verstehenden Formate, verbindet sie sogar exakt der gleiche Nenner: NM. Diese Synchronizität eröffnet einen Spielraum, um einmal nach der Verwandtschaft von Neuer Musik und Neuen Medien zu fragen: nach Koppelungs- und Nutzungsmöglichkeiten, Affinitäten und Widersprüchen, Gefahren und Chancen. Ist Neue Musik (a)sozial?


Diesen Überlegungen bin ich im Gespräch mit und Musik von avancierten ›Usern‹ in Wort/Print und Klang/Funk nachgegangen: Blog-Pionier Moritz Eggert und Kultur-Raver Johannes Kreidler, Podcast-Schöpferin Irene Kurka und Netzwellen-Aktivist Martin Tchiba.

 

In der Neuen Zeitschrift für Musik (2/2019) im fiktiven Gespräch…

 

 

Im Deutschlandfunk (Atelier neuer Musik)  am 9.3.2019, 22:05-22:53.

 

FUTURE SOUNDSCAPES

Wie klingt die Zukunft? Das Future Soundscapes Festival widmet sich  Geschichte und Gegenwart des Science Fiction Sounds:

Ob das mechanische Quietschen der Gelenke von 
humanoiden Robotern, der bedrohlich-stampfende 
Rhythmus von Maschinenstädten, das digitale 
Prasseln von Bits und Bytes oder die sphärischen 
Klänge der unendlichen Weiten des Universums – 
all diese Geräuschkulissen verbinden wir mit 
utopischen bis dystopischen Bildwelten. 
Wie aber haben sich die akustischen Stereotype 
ausgebildet, und wieso halten wir sie für 
glaubwürdig? Welche Klänge verbinden wir mit 
totalitären Kontrollgesellschaften, mit Atomkrieg 
und Klimakatastrophen? Und welche mit friedvollen 
Vielvölkerstaaten? Wie klingt das Fremde, Unbekannte 
und Bedrohliche? Während die Narrative und Bilder 
des SciFi-Genres bereits allgegenwärtig und mit 
einer Vielzahl von Stereotypen fest im kollektiven 
Gedächtnis verankert sind, erkundet Future Soundscapes 
den Sound als essenzielles Element in der Gestaltung 
zukünftiger Welten: als Geräusch, Klang oder Musik.

Ich habe die Ehre, als Eröffnungsvortrag zu Future Soundscapes 2018 meine Sound-Lecture RAUSCH(EN): Ohne Noise — keine Zukunftsmusik zu halten. Danach stellt Manfred Miersch mit Subharchord und Theremin  zwei Instrumente vor, die die SciFi-Musik maßgeblich geprägt haben. Danach präsentiert Jan Brauer sein DJ Set zu “Das Himmelsschiff” (1918) — einem der ersten Raumfahrt-Filme…